Mindestens drei Jahre und einen Tag sind sie unterwegs und dürfen sich während der Wanderschaft nur bis auf 60 Kilometer der Heimat nähern. Zwölf Wandergesellinnen und Wandergesellen auf der Walz klopften diese Woche am Rathaus in Gerolstein.
Sie waren unterwegs nach Freilingen in der Gemeinde Blankenheim in Nordrhein-Westfalen, dem Heimatort von Tim-Luca. An diesem Wochenende kehrt ihr Zunftbruder nach vier Jahren und 11 Monaten nach Hause zurück.
Mit Sicherheit ein besonderer Moment. So besonders wie diese hunderte Jahre alte Tradition: Die Geschichte der Walz reicht bis ins Hochmittelalter zurück. Die damals zunehmende Spezialisierung vieler Gewerke forderte einen europaweiten Austausch von Handwerkwissen.
Die Vielfalt des (traditionellen) Handwerks spiegelten auch die in Gerolstein Station machenden Wandergesell:innen wieder: Die Gewerke reichten von Feintäschner-, Tischler-, Schlosser- und Zimmerhandwerk bis zum Land- und Baumaschinenmechatroniker und Steinmetz. Letzter ist bereits seit drei Jahren unterwegs und möchte in Italien noch seine Kenntnisse im Umgang mit Marmor erweitern. „Wir reisen, um zu arbeiten. Und arbeiten, um zu reisen“, so haben sie ihre Motivation beschrieben und dabei in der Regel nur gute Erfahrungen gemacht.
So auch in Gerolstein: Dort fanden die Gesell:innen, die ohne moderne Kommunikationsmittel und zumeist per Anhalter unterwegs sind, Unterkunft im Pfarrhaus der evangelischen Kirchengemeinde, die ihnen sogleich auch eine Führung durch die Erlöserkirche anbot. Steht der mit Mosaiken prächtig ausstaffierte Bau doch für Handwerkskunst auf allerhöchstem Niveau.
Die Bräuche und Tradition der Walz haben sich seit Jahrhunderten teils unverändert erhalten. Dabei sind sie in der Regel nicht verschriftlicht worden. Jeder Geselle wird von einem erfahreneren Zunftbruder in den ersten Tagen und Wochen begleitet. Jeder lernt vom anderen. Gemeinsam stehen sie für eine berufliche Tradition mit (hoffentlich) noch lange „goldenem Boden“.
Im Gerolsteiner Rathaus erhielten alle Wandergesellen den amtlichen Stempel für ihr Wanderbuch und hinterließen die besten Wünsche des Handwerks für die Gemeinde und ihre Bürger:innen.