Es gibt nicht nur die eine Maßnahme, um unseren Anteil zur Bekämpfung des Klimawandels zu leisten


Moderator Frank Böttcher macht zum Einstieg deutlich, dass selbst das 1,5 Grad-Ziel keine Klimasicherheit bedeute und nur noch hypothetisch erreicht werden könne. "Wir ziehen Grenzen um unsere Länder. Das Wetter kennt keine Grenzen." Anhand wissenschaftlicher Messdaten zeichnete der Meterologe die klimatische Entwicklung. Sein Fazit: "Wir müssen eingefahrene Wege verlassen, wir müssen Dinge ändern, wie müssen uns bewegen, um die Welt als Lebensraum zu erhalten."

"Dazu gibt es nicht nur die eine Maßnahme. Es macht der Mix, um das vom Land Rheinland-Pfalz ausgegebene 2,2 Prozent-Ziel zu erreichen, sprich, unseren Anteil zur Bekämpfung des Klimawandels zu leisten", so Bürgermeister Hans Peter Böffgen. Er erläuterte bei der Bürgerinformation den Planungsstand Erneuerbare Energien in der Verbandsgemeinde.

Verbandsgemeinde Gerolstein

Als Zielgröße hat der Verbandsgemeinderat eine Energiegewinnung aus Erneuerbaren Energien von mindestens 200 Prozent des VG-Verbrauches festgelegt und entsprechend den Grundsatzbeschluss gefasst, dass bei allen VG-Baumaßnahmen Erneuerbare Energien berücksichtigt werden müssen. Bereits heute werden u.a. Dächer der VG-Gebäude mit Photovoltaik belegt. Anhand von detaillierten Karten zeigte Hans Peter Böffgen den Planungs- und Verfahrensstand in Sachen Windenergie- und Freiflächen-Photovoltaik-Anlagen und erklärte die Kriterien und Rahmenbedingungen.

Hans Peter Böffgen und verschiedene Interessensvertreter beantworteten anschließend die im Vorfeld der Veranstaltung eingereichten Fragen und die des Publikums. "Im Wald hat die Zukunft des Klimawandels längst begonnen", startete Michael Diemer von Landesforsten Rheinland-Pfalz. "Nicht nur die Fichte, sondern auch Buchen und Birken haben Ausfälle. Das Wild leidet, ein kompletter Jahrgang an Frischlingen ist bereits ausgefallen."

Guido Bost, Norbert Leinung, Florian Liel, Klaus Schäfer, Michael Diemer, Hans Peter Böffgen, Frank Böttcher (v.l.)


"Die massivste Bedrohung für den Wald ist der Klimawandel. Wir haben 42 Prozent Wald in Rheinland-Pfalz, die am wenigsten bewohnten Orte liegen im Wald. Wir kommen um Windkraft nicht herum. Wichtig: Die Windkraft-Standorte müssen maßvoll und erträglich sein. Rheinland-Pfalz Pfalz hat als erstes Land die Rahmenbedingungen mitgestaltet und Regelungen dazu erstellt."

"Freizeit wird heute für die Bevölkerung gemacht, dann erst für die Gäste. Tourismus ist Treiber und Helfer von Klimawandel zugleich. Nicht erst seit Corona und Hochwasser müssen wir Tourismus anders denken, bei touristischen Grundlagen werden wir dramatische Veränderungen erleben. Wichtig ist es dabei, die Bevölkerung mitzunehmen", skizzierte Klaus Schäfer, Geschäftsführer der Eifel Tourismus GmbH, die Entwicklung des Tourismus vor dem Hintergrund der klimatischen Veränderungen.

"Ich habe zehn Windenergie-Anlagen rund um Ormont mit aufgestellt, diese können bereits 25.000 Haushalte versorgen", berichtete Windparkbetreiber Florian Liel und warb für die Mitwirkung in Energiegenossenschaften. "Als Bürger können Sie sich als Mitglied von Genossenschaften aktiv am Klimaschutz beteiligen", so Liel, selbst gebürtiger Eifler.

"Es ist besser, einen gesunden Kompromiss heraus zu holen", meinte Norbert Leinung von der BUND-Kreisgruppe Vulkaneifel. "Ich finde, die Planung der Verbandsgemeinde ist sehr gelungen, wir vom BUND haben im Rahmen der ersten Offenlage keine Stellungnahme abgegeben. Wir haben bereits eine Windkraft-Konzentration im nördlichen Bereich der Verbandsgemeinde mit bereits über 80 Anlagen, dort könnten weitere stehen, wenn man damit andere Flächen freihalten kann", so sein Statement.

"Windkraft hat den größten Anteil am Klimaschutz, und damit ist es für mich Naturschutz", sagte Guido Bost von Guido Bost Engineering GmbH & Co. KG, der bereits Anlagen in Kalenborn-Scheuern aufgestellt hat.

Meterologe und Moderator Frank Böttcher

300 interessierte Bürgerinnen und Bürger waren der Einladung zur Infoveranstaltung gefolgt und diskutierten sachlich und engagiert. 

Ein Fragen- und Antwortkatalog ist in Vorbereitung. Hier ein Auszug der Fragen:

  • Kann man sich als Bürger an Windkraft- bzw. Photovoltaik-Anlagen beteiligen, z.B. über genossenschaftliche Modelle?
  • Wieviel Waldfläche muss gerodet werden, um eine Windenergieanlage zu errichten?
  • Gibt es Auflagen für die Errichtung von Windenergieanlagen?
  • Ist es im Rahmen der Katastrophenvorsorge nicht kontraproduktiv, Gebiete durch den Bau von Windkraftanlagen zu versiegeln? 
  • Ab wieviel Prozent Wirkungsgrad der Nennleistung rechnet sich eine Windkraftanlage in der Eifel?
  • Wenn es wirklich um erneuerbare Energien geht, dann wird doch jeder einsehen, dass erst eine Speichermöglichkeit geschaffen werden muss?
  • Wie kommt es zu der beschlossenen Aufteilung der Einnahmen der Windräder, falls sie aufgestellt werden?
  • Worin liegen die Gründe, dass sich die potenziellen Eignungsflächen für Windenergie auf den Nordwesten und den Norden der VG konzenrtieren? Und mit welchem Ergebnis wurden die Flächen in der Mitte und im Süden geprüft?
  • Welche Menge Öl enthält eine der vorgesehenen Anlagen, welche Maßnahmen umfasste das Leckagekonzept und welche Umweltrisiken bestünden im Leckagefall?
  • Aus welchen Materialien bestehen die vorgesehenen Windenergieanlagen und wie sieht der Entsorgungsweg, insbesondere der Rotorblätter, aus?

Wie geht es weiter ?

In der frühzeitigen Bürger- und Öffentlichkeitsbeteiligung vom 20. März 2023 bis einschl. 24. April 2023 sind 618 Stellungnahmen von Bürger:innen und ca. 40 Stellungnahmen  von Trägern öffentlicher Belange (TöB) eingegangen. Diese werden zurzeit ausgewertet. Anschließend erfolgen Beratungen und Entscheidungen hierzu in öffentlichen Sitzungen des Fachausschusses und des Rates. Termine und Tagesordnungen der öffentlichen Sitzungen werden im Bürger- und Gremieninfoportal und im Mitteilungsblatt veröffentlicht.

Sie erreichen uns per E-Mail an neue-energien@gerolstein.de.

Zum Hintergrund: Im Rahmen der bundesweiten Klimaschutzanstrengungen, um den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, hat sich Rheinland-Pfalz zum Ziel gesetzt, seinen Stromverbrauch bis zum Jahr 2030 vollständig aus erneuerbaren Energien zu decken. Erreicht werden soll dies, indem 2,2 Prozent der gesamten Landesfläche für erneuerbare Energien wie Sonne-, Wind- und Wasserkraft zur Verfügung gestellt werden. Vor diesem Hintergrund ist auch die Verbandsgemeinde Gerolstein gefordert, kommunal- und umweltpolitisch Aussagen zum Umgang mit erneuerbaren Energien zu treffen. Dies erfolgt zurzeit durch die Fortschreibung des Flächennutzungsplanes „Regenerative Energien“, in dem auch Eignungsbereiche für Windenergie ausgewiesen werden.