Leben und leben lassen: Kerschenbach im Portrait


„Eifelnatur und dörfliches Lebensgefühl pur“ - so kann man den Leitspruch der kleinen Ortsgemeinde an der Oberen Kyll in der Verbandsgemeinde Gerolstein beschreiben.

Der auf gut 500 Metern Höhe gelegene Schneifelort am nordwestlichen Ende der Verbandsgemeinde Gerolstein kann mit starkem inneren Zusammenhalt der Dorfbewohner und vielen dörflichen Besonderheiten punkten. Ortsbürgermeister Walter Schneider, seit 32 Jahren „Gemeindechef“ mit Leib und Seele, schwärmt: „Wir haben in Kerschenbach viele Angebote für Einheimische und Gäste.“

Jugendliche freuen sich über ihr eigenes Jugendheim im Gemeindehaus, der örtliche Kinderspielplatz ist in Schuss, der Dorfplatz verfügt über eine Grillstation und seit 2020 kann sich Kerschenbach über einen Natur-Wassererlebnisplatz an der Gabelung der Bäche Kerschenbach/Dürenbach/Kalkerbach unweit der Ortslage freuen.

Seit ein paar Jahren hat die Ortsgemeinde zwei Erlebniswanderwege ausgeschildert, die großen Zuspruch bei Einheimischen und Gästen finden. Und nicht zu vergessen: der Friedhof mit seinem alten Eschenbaum und der Kapelle. „Ein Friedhof ist die Visitenkarte eines Ortes“, so der Ortsbürgermeister.

In Kerschenbach werden auch die dörfliche Nachbarschaft

und Nachbarschaftshilfe großgeschrieben.

"Wenn man Hilfe braucht, sind die Menschen da“, sagt Schneider. „Und wenn man sieht, was unsere paar Vereine das ganze Jahr über auf die Beine stellen, dann wird uns um unsere Zukunft nicht bange.“

Wenn nicht gerade eine Pandemie vorherrscht, kann Kerschenbach auch feiern: Feuerwehr, Frauengemeinschaft und die seit 40 Jahren bestehende Jugendgruppe gestalten das ganze Jahr dörfliche Feste. Fast schon legendär ist die Kerschenbacher Beachparty rund um das Dorfgemeinschaftshaus am letzten Wochenende im Juli. „Feste sind seit langem Bestandteil des dörflichen Lebens und tragen so zum gemeinsamen Zusammenhalt bei“, ist sich Schneider sicher.

Die 190 Einwohner große Gemeinde ist dank der Ausweisung mehrerer Bauparzellen in den letzten Jahrzehnten stetig gewachsen, und durch den Zuzug von jungen Familien hat sich die Altersstruktur im Ort positiv entwickelt. In naher Zukunft wird auch der dritte Bauabschnitt im Neubaugebiet realisiert werden. Mittlerweile gibt es auch zwei Beherbergungsbetriebe im Ort. Dazu kommt das Feriengebiet am Killerberg mit seinen 86 Ferienhäusern.

Dass Landwirtschaft über viele Jahrhunderte die Erwerbsgrundlage für die Menschen war, symbolisiert die goldene Ähre im Wappen von Kerschenbach. Heute sind zwei landwirtschaftliche Haupterwerbsbetriebe und vier Nebenerwerbs-Landwirte vornehmlich auf die Milchviehwirtschaft spezialisiert.

Vor rund fünf Jahren wurden südlich der Ortslage Flächen für die Errichtung von Windkraftanlagen ausgewiesen. Ein weiteres Großprojekt ist der lang geplante Ausbau der Ortsdurchfahrt K 64, der sich nun in der Endplanung befindet.

Und im nächsten Jahr will eine Kerschenbacher Autorengruppe - nach fünf Jahren Sammeln, Sichten, Schreiben und Fotografieren - die Dorfchronik des 1345 erstmals urkundlich erwähnten Ortes präsentieren. „Es gibt noch viel zu tun“, meint Schneider. „Die Kerschenbacher Dorfgemeinschaft ist auf einem guten Weg“. 


Vier Fragen an Ortsbürgermeister Walter Schneider

Was macht Kerschenbach lebenswert?

Die einzigartige schöne Lage in einer besonderen Landschaft und die Menschen mit all ihren Facetten. Einfach die Atmosphäre eines kleinen Dorfes gepaart mit aller Infrastruktur in näherer Umgebung.

Was hat sich in den letzten Jahren in Kerschenbach getan?

Jüngst wurde die Breitbandverbindung ausgebaut und Glasfaseranschluss bis in jedes Haus gelegt. Wir haben einen Wassererlebnisplatz geschaffen und Wanderwege ausgewiesen. Außerdem haben wir unseren Spielplatz überholt und ausgebaut sowie unseren Friedhof saniert.

Welche Projekte stehen für Kerschenbach an?

Wichtigstes Ziel in naher Zukunft ist der Ausbau der Kreisstraße 64 mit Erneuerung der Wasser- und Kanalleitungen. Zudem stehen weitere Sanierungen unserer Dorfstraßen und Wirtschaftswege an.

Wenn Sie einen Wunsch für Kerschenbach frei hätten, dann…

… wünsche ich mir, dass alle im Ort gesund bleiben und die Pandemie gut überstehen. Dass Kerschenbach weiterwächst und die Menschen ein gutes Miteinander in der Gemeinde pflegen.

Und was sagen die Einwohner?

Katharina Meier (71 Jahre) wohnt mit Tochter und Familie seit 10 Jahren in Kerschenbach. Auch ihr Sohn mit Familie hat hier seine Heimat gefunden. „Mir gefällt es im Ort, wir sind gut aufgenommen worden. Auch als Zugezogene spüren wir keine Distanz.“ In Niederbettingen geboren und mit einem „kölschen“ Vater hat Katharina Meier schon in mehreren Orten gewohnt. „Doch in Kerschenbach wollen wir bleiben.“ Mutter und Tochter sind im Frauenbund aktiv, der in pandemiefreien Zeiten für gesellige Zusammenkünfte sorgt – vom Adventsbasar über Ausflüge, Senioren-Cafes bis zum Weihnachtsbaumschmücken mit den Kindern. „Das macht Kerschenbach aus.“

Auch Rudolf Aarnoutse (64) ist ein „Zugezogener“. Schon als Kind verbrachte er seine Ferien in der Eifel, später bereiste er die Region auf dem Motorrad. Als Urlauber hat er auch die „Ruhe und Weite“ von Kerschenbach kennen- und schätzen gelernt - vor 13 Jahren gemeinsam mit seiner Frau Wilhelmina. Inzwischen leben sie fest im Ort, oben am Berg nahe der Kapelle. „Von dort können wir Kilometer weit ins Land schauen.“ Neben der Landschaft sind es die Menschen, die es den beiden Niederländern angetan haben: „Die Leute sind sehr angenehm und wir sind gut in die Gemeinschaft aufgenommen worden“, freut sich Rudolf Aarnoutse, der sich in der „Freiwilligen-Gruppe“ im Ort engagiert und beim Bau des Wasserspielplatzes mitgewirkt hat. „Das ist eine tolle Truppe, da kommen Jung und Alt zusammen.“ Wilhelmina Aarnoutse ist Mitglied in der Frauengruppe und beide haben ihre Heimat in Kerschenbach gefunden.

Man könnte fast meinen, Kerschenbach bestünde vorwiegend aus Zugezogenen. Denn auch Lars Meyer (32) stammt eigentlich aus Aachen. In Kerschenbach ist er der Liebe wegen gelandet – zu seiner Freundin und zu einem besonderen Haus. Gemeinsam renovieren sie den „Nonnenhof“ von 1731, der auch in der bald erscheinenden Dorf-Chronik aufgeführt wird. „Vielleicht erfahren wir hier noch spannende Details“, freut sich Lars Meyer, der sich – nicht nur des Hauses willen – sehr wohl in Kerschenbach fühlt: „Es ist ein schönes, nettes, kleines Örtchen.“ Meyer, der beruflich nach Hürth pendelt, schätzt das ruhige Wohnen und die zugleich gute Verkehrsanbindung zur B51. „Auch im Ort herrscht ein gutes Netzwerk, von dem alle profitieren.“ Beispielhaft nennt er die Renovierung des Spielplatzes, bei dem viele junge Väter und Freiwillige mitgeholfen haben. Als Mitglied der örtlichen Feuerwehr engagiert auch er sich ehrenamtlich und fühlt sich in Kerschenbach verankert.

Simone Keller (48) hat ihre Heimat in Kerschenbach auch der Liebe willen gefunden. Mit ihrem Mann, einem gebürtigen Kerschenbacher, und den Schwiegereltern hat sie sich vor Jahren fest im Ort niedergelassen. „Es ist ein schönes Fleckchen mit viel Natur. Unsere Kühe können uns sogar an der Terrasse besuchen.“ Während ihr Mann sich nebenberuflich der Ammenviehhaltung widmet, sorgt Simone Keller, ebenfalls nebenberuflich, für die medizinische Erstversorgung in der Gemeinde und darüber hinaus. Als ehrenamtliche DRK-Sanitätshelferin und First Responder ist sie Ansprechpartnerin bei allen Notfällen, noch bevor der Krankenwagen vor Ort ist. „Neben den regelmäßigen Fortbildungen kann ich auch mein Wissen aus meiner Zeit als medizinische Fachangestellte für die Menschen hier einsetzen“, freut sich Simone Keller, die sich gut vorstellen kann, in Kerschenbach alt zu werden. „Man fühlt sich hier nie allein gelassen.“

„Leben und leben lassen“ scheint in Kerschenbach gut zu funktionieren.